Die optimale Trainingsfrequenz zum Aufbau von Muskulatur

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01/11/2020

Ab sofort ist dir klar, was zu tun ist.

Es gibt durchaus unterschiedliche Auffassungen zur Fragestellung, wie oft man per Woche trainieren sollte, um ein optimales Ergebnis im Bereich des Muskelaufbaus zu erzielen.

Auf der einen Seite gibt es Bodybuilder, die auf ein einmaliges Training pro Woche schwören, auf der anderen Seite gibt es das HochFrequenzTraining, bei welchem dieselben Muskelgruppen sogar täglich belastet werden.

Letztere Trainingsform wurde in der jüngeren Vergangenheit stets populärer. In jedem Lager finden sich Vertreter bzw. Athleten, die aufgrund des jeweiligen Konzeptes beeindruckende Ergebnisse erzielt haben.

Das macht es natürlich nicht einfacher, die effizienteste Trainingsvariante für sich selbst zu identifizieren. Deshalb wollen wir an dieser Stelle auf der Suche nach der Antwort etwas tiefer in diese wissenschaftliche Materie eintauchen.

Proteine und Muskelproteinsynthese

Proteine sind die Bausteine deiner Zellen und an vielen wichtigen Prozessen im Körper beteiligt. So sorgen sie zum Beispiel dafür, dass deine Haare und Nägel wachsen oder deine Wunde heilt, wenn du dich am Papier geschnitten hast.

Damit alles reibungslos verläuft, müssen ständig neue Proteine in deinen Zellen gebildet werden. Dieser Vorgang wird als Proteinbiosynthese bezeichnet und betrifft deinen gesamten Körper.

Die Muskelproteinsynthese dagegen bezieht sich ausschließlich auf den Aufbau von Muskelproteinen. Kurz gesagt: Muskelproteinsynthese steht für den Aufbauprozess von Muskelmasse. Doch wie genau werden neue
Muskelproteine gebildet? Proteinsynthese ist ein Prozess, bei dem aus einem Gen ein Protein wird.

Dieser Vorgang kann in zwei Hauptprozesse aufgeteilt werden: Transkription und Translation.

Die Transkription findet im Zellkern statt. Dabei wird ein DNA-Abschnitt mithilfe eines Enzyms namens RNA Polymerase abgelesen und zu einer mRNA Sequenz synthetisiert.

Dort befindet sich die Information zur Herstellung eines Proteins. Die fertige mRNA Sequenz verlässt
anschließend den Zellkern. Die Translation kann beginnen und findet im Zytoplasma deiner Zellen
statt. Dort wird die mRNA Sequenz in Aminosäuren übersetzt.

Aminosäuren sind Bestandteile der Proteine. Bei der Translation entsteht eine ganze Kette aus Aminosäuren. Nachdem die Proteinsynthese abgeschlossen ist, übernimmt die gebildete Aminosäuresequenz als fertiges Protein verschiedene Funktionen in deinem Körper. Auch in Form von Muskelmasse.

Laut einer Studie von Nicholas Burd & Kollegen, durchgeführt an der kanadischen McMaster University, die durch junge, Trainings-erfahrene Männer durchgeführt wurde, ist die Muskelproteinsynthese bis zu 24 Stunden nach dem Krafttraining erhöht und kehrt danach wieder auf das ursprüngliche Niveau zurück.

Die Vertreter der Studie gelten als starke Fürsprecher des HochFrequenzTrainings und sehen es aufgrund der zuvor genannten Erkenntnis als empfehlenswert an, dieselbe Muskelgruppe nach einem Tag wieder zu trainieren; der für den Muskelaufbau notwendige Trainingsreiz kann direkt nach dieser kurzen Pause gesetzt werden.

Dieselbe Studie kam zum dem Ergebnis, dass vier Sätze pro Muskelgruppe zu der höchsten Muskelproteinsynthese führt; ebenso war ein Ergebnis, dass weitere Sätze nicht zu einer Zunahme der Muskelproteinsynthese führen.

Das Forschungsteam um Dankel2 stellen fest, dass bei einem geringen Trainingsvolumen pro Tag und einer hohen wöchentlichen Trainingsfrequenz die Muskelproteinsynthese stärker stimuliert wird als beim umgekehrten Verhältnis, d. h. bei täglichem hohem Trainingsvolumen mit geringer Frequenz in der Woche.

Das könnte man als Sargnagel des Split-Trainings verstehen. Dennoch ist die Zunahme im Muskelprotein nicht der alleinige Faktor bei der Bestimmung der Trainingsfrequenz.

Schädigung der Muskulatur

Außerordentliche Belastungen der Muskelfasern können zu einer Schädigung der Muskulatur führen. Dies macht sich in den Tagen nach dem Training als Muskelkater, Muskelschmerzen oder in reduzierter Kraft
bemerkbar.

Während in früheren Zeiten vermutet wurde, dass diese Überanstrengung erforderlich ist für Muskelwachstum, geht man heute davon aus, dass die Schädigung der Muskulatur ein unerwünschter
Nebeneffekt der Trainingsbelastung darstellt.

Nicht nur, dass diese Schädigungen zu einem geringeren Muskelwachstum führt, die Schädigungen erschweren auch ein erneutes, effektives Training des beschädigten Muskulatur.

Der Umfang der Schädigung, welche sich während des Trainings ergibt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren an, u.a. von der Art der Kontraktion (exzentrische Kontraktionen führen zu den größten Schädigungen), dem
Trainingsvolumen, aber auch von der jeweiligen Trainingserfahrung.

Bei regelmäßigem Training werden die Muskeln auch weniger geschädigt; dieses Phänomen wird als Repeated Bout Effect (RBE) bezeichnet.

Erfahrene Kraftsportler können hier dennoch eine Zunahme an Muskelmasse verzeichnen, ohne eine Übersäuerung der Muskulatur zu verspüren.

Sehnen und Verletzungen

Man geht häufig davon aus, dass der Zeitraum, den das Bindegewebe nach einer Trainingseinheit zur Regeneration benötigt, länger ist als jener für die Muskelregeneration.

Dies würde gegen das HochFrequenzTraining sprechen. Allerdings haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, dass die Proteinsynthese von Sehnen in Ruhe und nach einer Trainingseinheit vergleichbar mit der Proteinsynthese der Muskulatur sind.

Dies legt nahe, dass sich sowohl die Muskulatur als auch die Sehnen auf gleiche Art und Weise anpassen. Neben der Proteinsynthese findet auch stets ein gewisses Maß an Eiweißabbau statt.

Dies ist möglicherweise die Ursache für Verletzungen: während das Muskelgewebe nach 24 Stunden womöglich wieder voll einsatzfähig ist, während sich die Sehnen noch erholen. Leider fehlen nur noch die entsprechenden Studien, die entsprechende Rückschlüsse ermöglichten.

Frequenz und Kraft

Eine Zunahme an Kraft hängt nicht nur vom Wachstum der Muskelfasern ab, sondern eben auch von der Fähigkeit der Nerven, die Muskelfasern in optimaler Weise einzusetzen. Bewegung verbessert die Fähigkeit zur Ansteuerung der gewünschten Muskulatur, wodurch mit derselben Muskelmasse mehr Kraft erzeugt werden kann. Allerdings muss dies gut geübt werden.

In der Praxis sieht man, dass Gewichtheber niemals nach einem Split Programm trainieren. Ihr Trainingsprogramm ist geprägt durch eine höhere Trainingsfrequenz, die es ihnen ermöglicht, ihre Wettkampftechnik häufiger zu üben und dadurch zu perfektionieren.

Auch als nicht professioneller Kraftsportler ist dies wichtig zu wissen: zunächst muss man Bankdrücken und Kniebeugen sehr viel häufiger ausführen, um Fortschritte zu erzielen.

Auch hier gilt: Übung macht den Meister.

Ist eine höhere Trainingsfrequenz besser geeignet für das Muskelwachstum?


Alles deutet darauf hin, das eine einzige Trainingseinheit pro Muskelgruppe und Woche nicht ideal ist, schon allein deshalb, dass die Muskelreize häufiger gesetzt werden sollten und auch bei verhältnismäßig wenigen
Sätzen bereits der maximale Reiz gesetzt wird.

Darüber hinaus sorgen häufigere Trainingseinheiten für einen schnelleren Lerneffekt der Muskulatur. Dies unterstützt die Fortschritte im Muskelaufbau. Es ist jedoch auch wichtig, den Zusammenhang zwischen Muskeleiweissynthese und Muskelschädigung zu erkennen.

Es ist nämlich schwierig festzustellen, ob sich die Muskulatur nach zwei oder drei Tagen wieder erholt hat.

Die Regeneration hängt nämlich nicht nur von der Übungsauswahl ab, sondernauch von Faktoren wie Stress, Schlaf und Ernährung. Theoretisch können dieselben Muskelgruppen bis zu sechs Mal pro Woche belastet werden; und dabei sehr gute Resultate erzielt werden.

Damit bewegt man sich jedoch hart an der Grenze zum Übertraining, mit welchem zahlreiche Risiken verbunden sind. Ein derartig enger HochFrequenzTrainingsplan bedarf ständiger Anpassung; dabei muss Berücksichtigung finden, welche Übungen ausgeführt werden, ob neue Übungen in den Plan aufgenommen werden, wie die individuellen Umstände der Trainierenden aussehen (Arbeit, Studium, Belastungsniveau etc).

Schlussfolgerung

Die Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl von Bodybuildern ordentliche Ergebnisse mit dem Training einer Muskelgruppe pro Woche erzielt, beweist, dass diese Methode wirksam ist. Aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen können wir jedoch schlussfolgern, dass das nur einmal wöchentliche Training einer bestimmten Muskelgruppe nicht optimal ist.

Durch das zwei- oder dreifache Training (oder die Bewegung) einer Muskelgruppe wird die Muskelproteinsynthese häufiger stimuliert; gleichzeitig bleibt noch genügend Zeit zur Regeneration.
Genetische Unterschiede können individuell natürlich für unterschiedliche Ergebnisse sorgen.

Wer das HochFrequenzTraining ausprobieren möchte, sollte sehr stark auf seinen Körper achten. Hilfreich ist es, schwere Grundübungen wie Kniebeugen oder Deadlifts mit isolierten Übungen abzuwechseln, und dass
auf schwere Trainingstage eher leichte folgen.